Ostermändig, 10.04.23
Zur Turtmannhütte…
von Adrian della Torre
Wie immer bestimmt unsere Tourenkommission erst kurzfristig, je nach Wetter- und
Schneeaussicht, über Ziel und Destination. Dieses Jahr ist das mit dem Schnee so eine
Sache. Schnee ist überall Mangelware. Skigebiete müssen teilweise früher schliessen oder können erst gar nicht öffnen. Powderbegeisterte brauchen etwas Glück, um irgendwo in der Schweiz etwas weisses Gold zu finden. Mein Skiurlaub im Engadin während der Fasnachtszeit, habe ich noch nie so schneearm erlebt. Kunstschnee sei Dank sind die Pisten trotzdem vielerorts top.
Wir lassen aber unsere Vorfreude nicht von den mässigen Schneemassen trüben und treffen uns traditionsgemäss am Ostermontag in aller Früh. Mit dem Zug und Bus reisen wir ins Wallis nach Saint Luc im Val d’Anniviers. Hier lösen wir ein «oneway» Bahnticket zur Bella Tola. Wer ein abenteuerliches, verwinkeltes Skigebiet entdecken will, dem empfehle ich das Skigebiet als Geheimtipp. Mit technisch interessanten Oldtimerliften kurven (ich habe noch nie einen Skilift mit so vielen Richtungsänderungen gesehen) wir Gratishöhenmeter auf die Bella Tola.
Der Hüttenanstieg zur Turtmannhütte auf 2514 m.ü.M. zeigt sich trotz den gewonnenen
Höhenmetern mit Lift ziemlich anstrengend. Die Akklimatisierung hat gestartet. Ein erstes Panaché können wir sogar noch auf der Terrasse geniessen bevor uns Kälte und Wind in die Hütte zwingt.
Endlich wieder einmal Jassen, darauf habe ich mich besonders gefreut. Was uns diese
Woche wohl bringen mag? Gespannt auf die kommenden Tage schlafen wir im
Massenschlag ein.
Dienstag, 11.04.23
2. Tag auf der Teletuiräwuchä
von Theddy Spichtig
Der Wetterbericht hat für Dienstag schlechtes Wetter mit Schneefall und Wind vorausgesagt. Dementsprechend stehen wir nicht so früh auf. Mein Interesse beim Aufstehen gilt also dem Wetter. Und es sieht ja eigentlich ganz gut aus, leichter Schneefall aber eigentlich eine ganz gute Sicht. Ich sehe von der Turtmannhütte aus bis hinüber zur gegenüberliegenden Bergkette. Auch der Wind scheint nur mässig zu blasen. Für mich ist klar, nach dem Frühstück werden wir zusammen aufbrechen, sehr wahrscheinlich mit Ziel Brunegghorn.
Nach einem gemütlichen Hüttenfrühstück mit Kaffee und Müesli geht’s raus an die frische Luft. Wir queren den Hüttenhang der Höhenkurve entlang Richtung Süden und fahren leichtzum Punkt 2435 ab. Dort verabschieden wir uns von Foxi, der die Abfahrt ins Turtmanntal unter die Bretter nimmt und nach Hause geht. Schon nach wenigen Minuten sehen und hören wir ihn noch einmal weit unten einen Juichzer von sich geben. So sind wir also noch zu acht.
Nachdem wir die Felle montiert haben, geht’s im gemächlichen Tempo aufwärts. Mek und Fredy spuren abwechselnd ein Couloir hinauf. In abwechslungsreicher Landschaft
nordöstlich der Adlerflüe steigen wir steil zum Brunegggletscher auf. Im Mischmasch von gesetztem Altschnee und Flecken von Neuschnee geht es mit den Harscheisen gemächlich voran. Wir folgen dem Brunegggletscher in der Mitte.
Mit zunehmender Höhe sind immer weniger Bergkontouren zu sehen, das Schneetreiben wird dichter und die Böen nehmen auch zu. Auf 3250 Meter über Meer halten wir inne. Es ist kein Vergnügen weiter aufzusteigen und es gibt nicht wirklich die Hoffnung auf eine Wetterbesserung. Also entscheiden wir uns 600 Höhenmeter unter dem Gipfel des Brunegghorns umzukehren.
Die Felle sind rasch im Rucksack verstaut und zügig fahren wir zuerst auf der Ostseite des Gletschers und nachher der Aufstiegsspur entlang hinunter zum Punkt 2435. Als die Böen etwas schwächer werden und die Sicht etwas besser, können wir noch viele schöne Schwünge machen. Auch der Gegenanstieg zur Hütte ist zügig gemeistert, sodass wir nach dem Mittag schon wieder zurück in der Turtmannhütte sind.
Nun wird retabliert, zu Mittag gegessen und Vollgas in 2 Vierteams gejasst. Glücklich und
zufrieden, dass wir trotz dem Wetter eine anständige Ertüchtigung gemacht und gesellig den Nachmittag beim Jassen verbracht haben. Nach dem Motto es muss nicht immer alles sein, vor allem nicht bei jedem Wetter!
Die Hüttenwartin Magdalena hat uns mit Ihrem Team zum Nachtessen Minestrone Reis mit Braten und Randen Salat verwöhnt. Zum Dessert hat’s sogar noch einen Mandelkuchen mit Schlagrahm gegeben. Und auf 2500 Meter ü.M. schmeckt sowieso alles noch etwas besser. So können wir uns optimal an die Höhe gewöhnen, denn am nächsten Tag ist der Aufstieg zur Tracuithütte auf 3250 M ü M geplant.
Mittwoch, 12.04.23
Turtmannhütte 2519m zur Tracuithütte 3256m
von Marcel Spichtig
Heute stand der Hüttenwechsel von der Turtmann- zur Tracuithütte auf dem Programm.
Gestärkt vom Zmorgen gings wieder mit der «schweren» Packung unterwegs. Der Wind
blies uns nur so um die Ohren. Es war bitterkalt, oben bewölkt, unten klar. Wir fuhren runter zum Bruneggbach und verabschiedeten uns von Foxi, welcher das Turtmanntal bis Oberems herausfuhr und die Heimreise zu seinen Liebsten antrat.
Felle wurden montiert und der Aufstieg begann, wie schon gestern Richtung Brunegghorn. Die Gruppe «Basel» hatte eine tipptoppe Spur im Neuschnee hingelegt. Auf der Höhe von 2960m scherten wir dann rechts aus und querten hinauf Richtung Adlerflüe. Auf dem höchsten Punkt angekommen, folgte im Pulverschnee eine kurze schöne Abfahrt von 200 Höhenmetern in den Kessel des Turtmanngletschers.
Jetzt gings an den eigentlichen Aufstieg zur Tracuithütte über den Gletscher. Nach einem
Pausenhalt liefen wir in zwei 4er-Seilschaften los. Frédy war ein super Pacemaker, obwohl ich wohl ohne Seil mehr Verschnaufpausen gemacht hätte ;-). Adelato sorgte dann noch für ein kleines Intermezzo. Die Höhe machte den einen und anderen schon zu schaffen. Schritt für Schritt gings dem Ziel entgegen und so kamen wir glücklich und zufrieden auf dem Col de Tracuit und der Hütte an.
Die Hütte wurde von 10 Jahren neu gebaut und ist ein Besuch wert. Vom Esssaal mit seiner riesigen Glasfront hat man eine herrliche Aussicht auf das imposante Bergpanorama. Auf www.tracuit.ch hats einen Film über die Hütte.
Am Nachmittag widmeten wir uns dann der Regeneration und der weiteren Akklimatisation. So kam das Jassen und Plagieren nicht zu kurz. Ja, wer will schon auf die Geschichte vom fliegenden Holländer verzichten! Auch ein Nachmittagsschlaf lag bei den einen und anderen drin, bevor das Nachtessen aufgetischt wurde. Randensuppe, Risotto und Apfelmus zum Dessert. Und zum Tagesabschluss kredenzten wir uns noch einen Schnaps auf und für Koni, welcher uns genau an diesem Tag vor elf Jahren verlassen hatte. Er wird uns immer wieder begleiten. Draussen rieselte leise der Schnee und um 21:30 Uhr waren alle schon fast am Schlafen.
Donnerstag, 13.04.23
Tour zum Punkt 3’809m unter dem Weisshornjoch
von Mek Fischbacher
Unser Pilot und Wetterprophet verspricht uns für den Morgen eine kurze Aufhellung. Und tatsächlich, es sieht gar nicht so schlecht aus. Die Basler Gruppe zieht Richtung Bishorn. Wir folgen ihnen auf einer kurzen Strecke und peilen dann aber den Punkt 3809 unter dem Weisshornjoch an.
Es ist kalt, -10 Grad wie im tiefsten Winter. Die frischverschneiten Bergflanke mit der klirrend kalten Luft geben dem Ganzen einen polaren Eindruck. Obwohl alles mit einem neuen Schneeteppich überdeckt ist, darf man sich von der Spaltengefahr nicht täuschen lassen. Ab ca. 3’300m seilen wir an und spuren in 30-40 cm tiefem Neuschnee.
Herrliche Stimmung, wild, kalt und einsam. Die Sonne kommt knapp über das Bishorn, aber vermag kaum Wärme auszustrahlen. Als wir auf dem Punkt 3809 angekommen sind, ziehen schon wieder Wolken auf und die Sicht nimmt rapide ab. Aus Sicherheitsgründen fahren wir angeseilt ab. Kurz vor der Hütte können wir uns losseilen und den leichten und lockeren Pulverschnee geniessen.
In der modernen und sehr angenehmen Tracuithütte geniessen wir eine Rösti für 5 Personen aus einer grossen Pfanne. Den ganzen Nachmittag wird gejasst, gequatscht oder einfach ein Nickerchen gemacht, bis es wieder mit dem abendlichen Ritual, Apero, Znacht, Dessert und wieder Jassen weitergeht.
Heute sind wir jedoch zeitiger auf dem Weg in die Koje. Morgen sieht die Wetterprognose für den ganzen Tag sehr gut aus. Zwar kalt mit -15 Grad, aber dafür windstill. Ich freue mich riesig auf das Bishorn. Das letzte Mal war ich vor 13 Jahren schon um 4.45 Uhr und bei schwachem Dämmerungslicht auf dem Gipfel. Da haben wir nichts gesehen und sind dann weiter über den langen Nordgrat auf das Weisshorn. Aber das ist eine andere Geschichte.
Freitag, 14.04.23
Das Drehbuch von einem Window of Opportunity* (Oder einfach der perfekte Tag)
von Minä von Rotz
5:45 Uhr Tagwache auf der schönen, 3255 m.ü.M. gelegenen Cabane de Tracuit. Ein Blick
aus dem Fenster versprach einen Tag, auf den wir die ganze Woche gewartet, gehofft und geplant hatten. Also das perfekte, von Teddy prognostizierte Window of Opportunity. Draussen lagen ca. 30 cm vom weissen Gold und der Himmel war klar!
Nach dem Frühstück und dem Taktieren, welche der Gruppen zuerst aus der Hütte geht um zu spuren, haben wir die Hütte als erstes verlassen. Um 7:00 Uhr war für uns Abmarsch. Der Aufstieg gestaltete sich angenehm, nicht sehr steil und einfach wunderschön. Abgesehen von der Temperatur, die sehr, sehr kalt war. Um 10:30 Uhr gab es dann das Gipfelfoto auf dem 4153 m.ü.M. gelegenen Bishorn. Ein gutes Gefühl auf über 4000 m.ü.M. zu stehen und die ganze Pracht der Alpen um sich zu sehen.
Die 900 Höhenmeter runter zur Hütte waren für mich das Beste, was der Winter 2022/2023 geboten hatte! Fast pünktlich, wie sich das für Schweizer gehört, waren wir um 12 Uhr zurück in der Cabane de Tracuit wo wir uns eine sehr leckere Rösti gönnten. Nach einer Stunde Pause in der Hütte ging es die restlichen 1580 Höhenmeter weiter hinunter Richtung Zinal. Der erste Teil der Abfahrt war wiederum traumhaft, dank des Schnees, den es die Tage zuvor gegeben hatte.
Das letzte Drittel war dann abenteuerlich und wir mussten den Schnee suchen. Dabei wurde der ein oder andere Ski in Mitleidenschaft gezogen! Ab ca. 2200 m.ü.M. lag so wenig Schnee, dass wir zu Fuss weitergingen. Im Talboden angekommen hatten wir das Glück, dass die Strasse im Schatten lag und wir bis kurz vor das Dorf auf dem letzten Schnee fahren konnten.
Als die Kirchturmuhr 16 Uhr schlug, sassen wir gemütlich im Gartenrestaurant La Ferme
beim 1. Bier und freuten uns über den gelungenen 4000er. Was für ein Tag! Nach dem 2.
Bier und einem «Walliserl Bättli» starteten wir unsere Heimreise. Mit dem Postauto ging es runter nach Siders und weiter mit dem Zug nach Visp.
Dort hatten wir 35 Minuten Aufenthalt. Das reichte, um 2 Pizzas «to go» zu bestellen und etwas zu trinken. Weiter ging es mit dem Zug über Bern, wo wir Chrigel verabschiedeten, nach Luzern, wo Theddy die Gruppe verlies, nach Alpnach Dorf, wo Mek und Fredy zu Hause sind und weiter nach Sarnen wo Marsi und Silvio den Zug verliessen. Zuletzt stiegen Adi und ich um 22.00 Uhr in Sachseln aus dem Zug.
Herzlichen Dank allen Beteiligten für eine meineid tolle Tourenwoche.
*Ein Window of Opportunity ist ein Zeitraum, in dem Maßnahmen ergriffen werden können, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Sobald diese Frist abgelaufen ist oder das & quot ; Fenster & quot; geschlossen ist, ist das angegebene Ergebnis nicht mehr möglich. (Auszug aus Wikipedia)
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